Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.
Jaures, Jean
Der Zugang zur Kapelle wird deren historischen Bedeutung für die Garser kaum gerecht, nicht ein Hinweis für Ortsfremde, der sie auf die Spuren der Garser Geschichte führen könnte.
Am örtlichen Wertstoffhof, in der Lengmooserstraße, beginnt die ca. 15-minütige Wanderung mit einem kleinen Anstieg, der uns in heimische Gehölze führt, die uns bis zur Kapelle begleiten werden. Die Steigung überwunden lädt bereits eine erste Bank zum kurzen Verweilen ein, in der beinahe unberührten Natur werden wir, wenn wir es zulassen, schnell der Alltagshektik entrissen.
Dem Weg weiter folgend sind es nur wenige Meter, nach denen uns auch der allgegenwärtige Lärm unserer heutigen Zivilisation beinahe vollkommen ungestört in unsere Gedanken entlässt. Die erste Station des Kreuzweges begrüßt uns, der uns bis zur Kapelle auf insgesamt 13 Stationen die Leidensgeschichte Jesu näherbringen wird.
Regelmäßig, mal mehr oder weniger intakte Bänke, am Wegrand erinnern uns daran sich einfach die Zeit zu nehmen der Natur zu lauschen und dabei ein unbeschreibliches Farbenspiel zu betrachten. Mit etwas Glück begegnet man dabei den längst heimisch gewordenen „Bayernland Alpakas“, die ihren Begleitern in geführten Gruppen gerne die absolute Ruhe und Natur in einer unbeschreiblichen Atmosphäre näherbringen. Wer seinerseits gerne an solch geführten Wanderungen mit Alpakas teilnehmen möchte, ist sicherlich herzlichst eingeladen an diesen, nach Terminabsprache, teilzunehmen.
Die St. Ulrichskapelle erreicht, sind wir rund 15 Minuten auf historischen Pfaden gewandelt. Begrüßt werden wir mit einem ersten Blick auf die traumhaft gelegene Kapelle, spätestens jetzt wird deutlich, warum man sich an Don Camillo erinnert fühlen kann.
Die Filialkirche „St. Ulrich“ befand sich bis ins Jahr 1804 am Standort der Kapelle. Diese musste, weil sie höchst baufällig war, abgerissen werden. Erst 94 Jahre später, im Jahr 1898, errichtete Jakob Oswald, mit der Hilfe einiger Nachbarn, auf seinem Grund die heutige St. Ulrichskapelle und gab den Garsern damit ein Stück ihrer immer schmerzlich vermissten St. Ulrichskirche zurück.
Das Datum der Erbauung dieser Kirche ist nicht überliefert, erstmals erwähnt wird diese im Jahr 1558 anlässlich einer Visitation, bei der die Wochenmesse in der Kirche gelesen wurde. Dass die Entstehung der Kirche deutlich früher erfolgt sein muss ergibt sich daraus, dass schon zu dieser Zeit solche Lesungen nur noch selten in der Kirche stattfanden.
1636, Gars wird von der Pest heimgesucht, wird die Garser Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“ aus Angst vor Ansteckung gemieden. In Leichenzug ähnlichen Prozessionen, mit Kreuz- und Fahnenträgern, machten sich die Garser zu ihrer St. Ulrichskirche auf um laut wehklagend um Hilfe zu bitten.
1766 wird das an die Kirche angrenze Wohnhaus des Messners ein Raub der Flammen und wird nicht wiederaufgebaut. 38 Jahre später schließlich fordert der nahegelegene wilde Urtlbach seinen Tribut, die Kirche wird nach der Klosteraufhebung auf Abbruch verkauft.
Am 16. Juni 1902 geweiht, wurde die Kapelle am 15. Januar 1904 an die Pfarrkirchenstiftung Gars abgetreten. Auch der Kapelle drohte der Einsturz, von 2004 bis 2006 musste diese aufwendig saniert werden, nachdem seinerseits das Wasserwirtschaftsamt den Urtlbach sanierte, der bis dahin den Hang stetig untergraben hatte. Am 9. Juli 2006 schließlich, wurde die Kapelle nach der Sanierung erneut feierlich geweiht.
Über unbefestigte Waldwege sind ein paar leichtere Anstiege zu überwinden, bevor man nach ca. 20 Minuten die Kapelle erreicht. Für die Benutzung mit Gehilfen ist der Weg nur bedingt geeignet.
Ferdinand Wimmer
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